Interview: Im neuesten "Unter Uns-Interview" spricht Hobbyläuferin Sophia über ihren ersten Marathon und zeigt, was mit Willenskraft alles möglich ist...

Marathonläuferin Sophia ist vom Laufen inmitten bayerischer Berge begeistert.
Marathonläuferin Sophia ist vom Laufen inmitten bayerischer Berge begeistert.

Ihr Lieben! Der erste Marathon ist etwas ganz Besonderes. Ein Erlebnis, das man sein Leben lang nicht vergisst. «Ich spürte eine intensive Auseinandersetzung mit meiner Motivation, meiner Kraft und meinem Willen und die Erinnerung daran berührt mich noch immer.» Im neuesten "Unter Uns-Interview" spricht Hobbyläuferin Sophia aus Oberbayern über ihren ersten Marathon und zeigt, was mit Willenskraft alles möglich ist. Viel Spaß beim Lesen!

Ideale Gerade: Grüß Dich, Sophia. Du kommst aus dem oberbayerischen Landkreis Miesbach und wohnst in Waakirchen. Dort sind die Berge gewiss nicht weit, oder?

Sophia: Hallo Björn. Ja, die Berge liegen mir mit 3 wunderschönen Tälern zu Füßen und bieten mir alles von flachen bis steilen Wegen. Vor jetzt 3 Jahren bin ich zusammen mit meinem Mann hierher in die Nähe der Berge gezogen. Ursprünglich war es mehr die Leidenschaft des Gleitschirmfliegens, was uns hierher gelockt hat. Nun haben mich jedoch die Berge im Allgemeinen und das Laufen im Speziellen in den Bann gezogen. Für meine Laufstrecken nehme ich mir keine bestimmte Anzahl Höhenmeter vor, doch ich genieße die besondere Anstrengung, die hinter mir liegt, wenn ich mal wieder ein paar mehr Höhenmeter bewältigt habe.

Ideale Gerade: Stichwort Bodensee-Marathon: Das war im letzten September Dein erster Marathon. Gratulation! Wie hast Du Dich darauf vorbereitet?

Sophia: Vielen Dank Björn! Die Vorbereitungen auf diesen Marathon begannen an Weihnachten 2014 bei der Familie meines Mannes. Sein Bruder war im selben Jahr den Paris Marathon gelaufen, dessen Leistung mich total beeindruckte. Dies erinnerte mich an einen schon längst vergessenen Wunsch, selbst einmal einen Marathon laufen zu wollen. Im Mai 2014 hatte ich meinen Sohn zur Welt gebracht und bereits einen wunderbaren Sommer in meiner Elternzeit erleben dürfen. Ich wusste aber, dass ich nun noch bis September 2015, also noch einen ganzen Sommer zu Hause sein würde und dafür brauchte ich eine Aufgabe! Die gedankliche Vorbereitung auf den Marathon begann also an diesem Weihnachtsfest! Ich überlegte mir einen groben Zeitplan darüber, wie ich die Monate am sinnvollsten zur Vorbereitung nutzen wollte, denn ich musste erst einmal an meiner Grundkondition arbeiten, die mir durch die Schwangerschaft und Geburt verloren ging. Zur Unterstützung kaufte ich mir ein Buch zur Vorbereitung auf den Marathon und es wurde mir langsam bewusst, wieviel Zeit in diese hinein fließen würde. Nun war mir klar, dass dies nicht ohne Unterstützung meines Mannes möglich war. Ich hatte zwar viel Zeit zu Hause mit meinem Sohn, doch es war unmöglich, alle Trainingseinheiten mit ihm im Babyjogger absolvieren zu können.

Mein Mann kennt meine fast jährlich wiederkehrenden Ideen, etwas Besonderes erleben zu wollen und er sicherte mir jede Unterstützung zu. Nun begann ich einen ganz konkreten Trainingsplan zu erstellen, der sich über 6 Monate bewegte, wobei mir die Zielzeit noch nicht konkret klar war. Mein Ziel zu dieser Zeit war: Laufe einfach ins Ziel! Nach ca. 4 Monaten merkte ich jedoch einen enormen Leistungszuwuchs. Ich hatte bei fast allen Einheiten das Gefühl, dass ich diese schneller oder länger bewältigen konnte und passte meinen Trainingsplan einer Zielzeit von 4:00h an, wobei ich die jeweiligen Einheiten aus einem Plan mit einer Zielzeit von 3:45h entnahm und sich meine Trainingseinheiten so auf 5 Tage pro Woche erhöhte. Mein Trainingsplan hing in der Küche am Kühlschrank und ich war unglaublich stolz, jede absolvierte Einheit zu streichen!

Ideale Gerade: Mit 3:54 Stunden bist Du sogar unter 4 Stunden geblieben. Wie hast Du Deinen ersten Marathon erlebt?

Sophia: Unbeschreiblich! Ich finde es heute noch unglaublich, dass ich das geschafft habe! Nachdem mein Training traumhaft verlaufen war, ich bis auf sehr wenige Einheiten alles nach Plan absolvieren konnte, keine Verletzungen bekam und mich zusätzlich viel mit der Ernährung beschäftigt hatte, wollte ich die Zeit von unter 4 Stunden unbedingt schaffen. Das war mein großes Ziel! Ich wollte nicht mehr nur einfach ins Ziel kommen, nein, ich wollte unbedingt unter 4 Stunden bleiben. So suchte ich mir beim Start gleich den 4 Stunden-Pacemaker und heftete mich an seine Fersen. Auf meine Hand schrieb ich mir alle Verpflegungsstationen an denen ich halten musste, um zu trinken oder etwas zu essen. So lief ich an fast jeder zweiten Station vorbei und lies den Pacemaker an einer Station in KM 15 hinter mir. Während des gesamten Laufes war ich sehr dankbar darüber, dass ich diese doch kleine Laufveranstaltung gewählt hatte, denn ich war während des gesamten Laufes nur bei mir selbst, lief viele Kilometer ohne bedrängt oder gezogen zu werden und konnte meine ganze Aufmerksamkeit auf mich richten. Ich spürte eine intensive Auseinandersetzung mit meiner Motivation, meiner Kraft und meinem Willen und die Erinnerung daran berührt mich noch immer. Der Kampf wich irgendwann einer Trance, die ich aus meinem Training bereits kannte und ein unbeschreibliches Gefühl war da, nach diesem ich heute wohl süchtig geworden bin. Besonders aufmerksam wollte ich ab KM 35 sein, denn darüber hatte ich viel gelesen und ich war dankbar, diese intensivsten Kilometer ganz allein gewesen zu sein. Nachdem ich diesen tranceartigen Zustand verlassen hatte und spürte, wie allmählich meine Kräfte nachließen, war mir klar, dass ich nun mein Tempo erhöhen muss um einen anderen Rhythmus zu finden. So hatte ich in drei Schritten meine Geschwindigkeit erhöht und lief im Sprint ins Ziel ein.

Ideale Gerade: Im Nachhinein betrachtet: War es für Dich schwierig das Marathontraining konsequent durchzuziehen?
 
Sophia: Eigentlich muss ich sagen, nein. Das Training musste zwar gut vereint werden mit einigen anderen Terminen, aber das Gute am Laufen ist, dass es überall stattfinden kann. So hatte ich meinen Trainingsplan, egal wo wir waren, dabei und habe dort meine Einheiten absolviert. Wunderschöne Wege in Italien, der Schweiz, Österreich und Slowenien hatte ich entdeckt und dadurch im Training viel Abwechslung. Einen großen Vorteil hatte ich während der Regenerationszeiten, die ich wirklich dafür verwenden konnte. Wie ich schon am Anfang erzählte, war ich ja den ganzen Sommer in Elternzeit und musste nicht arbeiten, somit hatte ich schon einige Stunden mehr Zeit in der Woche, die Beine hochzulegen. Nach dieser Erfahrung habe ich größten Respekt vor allen Läufern und Läuferinnen, die das neben einem Vollzeitjob bewältigen! Ich glaube, ich hätte das nicht geschafft. Neben dem großen Vorteil, zu Hause zu sein, muss ich aber die große Untertützung durch meinen Mann erwähnen. Denn er war es, der mir meine eigenen Motivationssprüche immer wieder vorgesagt hatte, mit Erstaunen vor meinem Trainingsplan stand und alle Einheiten zeitlich ermöglichte und unseren Sohn jederzeit nahm, wenn ich laufen ging. Nun ja, ich denke er hat auch gerne zugesehen wie mein Körper, durch das viele Training, auch immer mehr vom Schwangerschaftsspeck verlor.   

Ideale Gerade: Vor dem Marathon waren einige skeptisch. Doch Du hast es ihnen gezeigt. War das für Dich eher ein Ansporn?
 
Sophia: Ich kann mich gut erinnern, dass ich damals lange überlegte, ob ich meinem Umfeld vom Projekt Marathon berichten sollte. Nachdem ich mich in den ersten Wochen nach Weihnachten intensiv damit beschäftigt hatte, was eine Marathonvorbereitung bedeutet, war mir klar, dass ich es nicht lange geheimhalten kann. Weswegen auch? Es ist doch eigentlich eine tolle Sache, ein Ziel zu haben, auf das man hinarbeiten kann. Irgendwann hat es mir richtig Freude gemacht, davon zu berichten und ich war erstaunt über die unterschiedlichsten Reaktionen. Es gab schon einige Personen, die sehr skeptisch waren, vor allem nach einer Geburt, die ein knappes Jahr zurück liegt, wieder intensiv das Laufen zu beginnen. Als die Wochen jedoch vergingen und diese Personen meinen Trainingsplan immer wieder sahen, mit den vielen abgehakten Einheiten, legte sich die Skepsis und die Leute waren beeindruckt von meinen Leistungen. Dies gab mir natürlich viel Motivation, die mir vor allem in den Morgenstunden geholfen hat. Morgens fiel es mir immer besonders schwer, meine Laufsachen anzuziehen, obwohl mir diese Einheiten noch heute in schönster Erinnerungen blieben. "Wer laufen will, muss laufen gehen!", das war mein Spruch der keine Wenn und Aber zuließ und ich einfach lief.

Ideale Gerade: Ist bei Dir nach dem Marathon nun vor dem Marathon? Wie geht es bei Dir 2016 weiter?
 
Sophia: Da ich mir ja gerne jedes Jahr eine andere Aufgabe stelle, wollte ich im Jahr 2016 keinen Marathon mehr laufen. Die Leidenschaft zum langen Laufen ist aber geblieben und so steht mir bereits im März meine neue Aufgabe bevor. Ich möchte dann in einem Traillauf die Insel Menorca in 6 Etappen umrunden und bin bereits in den Vorbereitungen dazu.

Ideale Gerade: Ein tolles Ziel! Wann und wo gehst Du jetzt im Winter am liebsten trainieren?
 
Sophia: Das ist sehr unterschiedlich. Das hängt von der Zeit ab, die ich habe, vom aktuellen Wetter und der Tageszeit. Sehr gerne suche ich mir in einem der drei Täler, die mir zu Füßen liegen, eine Strecke mit dem Ziel einer Berghütte. Eine richtige Lieblingsstrecke habe ich dabei nicht, aber ich entdecke und probiere jetzt immer gerne unbekannte Strecken, was ich mir eigentlich erst seit der Marathonvorbereitung zutraue.

Ideale Gerade: Hast Du noch ein paar Tipps für eine gesunde Ernährung im Winter?

Sophia: Viel Gemüse und Obst ist natürlich immer gut, das ist wohl klar! Was ich aber diesen Winter gerne und viel mache ist Gewürze aus aller Welt zu testen und damit meine Ernährung zu verfeinern. Im Moment esse ich, das erste Mal seit längerem, bewusst wenig Kohlenhydrate und habe das Gefühl, dass es mir sehr gut tut und ändert meinen Blick für unbekannteres Obst und Gemüse.

Danke vielmals für die ausführlichen Einblicke und die Zeit für das Interview, Sophia. Du kannst stolz auf Dich sein! Viel Erfolg bei der Menorca-Umrundung und gib uns bitte Bescheid, wie es lief. :-)