Interview: Im neuesten "Unter Uns-Interview" spricht Johannes, Fachtrainer für Ausdauersport, über Bestzeiten, Motivation und Training bei hohen Temperaturen...

Hi zusammen! Vor Kurzem habe ich Johannes bei einem Laufevent in Franken kennengelernt. Er ist Fachtrainer für Ausdauersport und sagt: «Das Laufen gibt mir die Möglichkeit Stress abzubauen, dem Alltag zu flüchten und körperliche Grenzen zu erleben.» Im "Unter Uns-Interview" spricht er u.a. über Bestzeiten, Motivation und Training bei hohen Temperaturen. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!

Johannes trainiert nach der Philosophie Qualität statt Quantität.
Johannes trainiert nach der Philosophie Qualität statt Quantität.

Ideale Gerade: Grüß Dich, Johannes! Du kommst aus der Universitätsstadt Erlangen. Wie läuft es sich bei Euch in Franken? Gibt es empfehlenswerte Laufstrecken?

Johannes: Hi! Super läuft sich´s! Durch die landschaftliche Vielfalt Frankens findet man hier einfach jedes Streckenprofil direkt vor der Haustür. Den Wiesengrund mit seinen geteerten Fuß-/Radwegen für schnelle Läufe, den Main-Donau-Kanal für lange und ausdauernde Läufe, die Fränkische Schweiz zum Trailen und etliche Wälder für schöne regenerative Läufe. Also besser geht´s kaum.
Mit Erlangen haben wir außerdem eine Stadt, bei der man vom Zentrum in 10 Minuten ins Grüne laufen kann. Das ist genial.
Empfehlen kann ich meine Lieblingsstrecke: Von Erlangen am Radweg der Stadelner Hauptstraße nach Vach/Stadeln und dann rechts rüber auf den Fürther Solarberg. Den kann man dann erklimmen und einen sehenswerten Ausblick über die Metropolregion genießen. Von dort aus geht´s über den Main-Donau-Kanal zurück nach Erlangen. Je nach Variation ist die Strecke ungefähr 20 Kilometer lang.

Unser gemeinsamer Zieleinlauf beim Altmühlseelauf 2016.
Unser gemeinsamer Zieleinlauf beim Altmühlseelauf 2016.

Ideale Gerade: Wir haben uns vor Kurzem auf der Strecke beim Altmühlseelauf kennengelernt und sind am Ende spontan gemeinsam durchs Ziel gelaufen. Das war ein echt toller Moment! Wie hast Du diesen Halbmarathon erlebt?

Johannes: Der gemeinsame Zieleinlauf war das Highlight eines extrem harten Rennens. Ich hatte mir viel mehr vorgenommen, wollte 4 bis 5 Minuten schneller laufen, musste aber bereits bei Kilometer 7 erkennen, dass das heute ein echter Kampf wird. Geplant war eine 01:24, gelaufen bin ich 01:28; 4 Minuten, die im Laufsport häufig einen ganzen Klassenunterschied ausmachen. Von Anfang an habe ich schwer in den Wettkampf gefunden und musste um jeden Kilometer kämpfen einigermaßen Tempo zu halten. Ein kleiner Trost: Das Kämpfen hat sich gelohnt und ich wurde Zweiter der männlichen Hauptklasse. Und das sicher auch wegen dir. Danke für das gemeinsame Finish!

Ideale Gerade: Gern geschehen! Am liebsten absolvierst Du Strecken von 15 bis 25 Kilometer? Wieso in diesem Bereich?

Johannes: Ich brauche meist 4 bis 5 Kilometer um in einen Lauf richtig gut reinzukommen und das Tempo konstant zu fokussieren. Bei einem 10 Kilometer-Wettkampf ist dann die Hälfte schon vorüber. Zwischen Kilometer 15 und 25 kann ich meine Stärken am besten ausspielen. Hohes kontinuierliches Tempo auf mittellangen Strecken. Ich laufe auch gerne Strecken über 30 Kilometer bis zum Marathon. Ab Kilometer 36 bis 38 fehlt´s mir schlichtweg an körperlicher Substanz, was mich dennoch nicht hindert, immer wieder die Herausforderung Marathon anzunehmen.

Johannes über das Laufen: Es macht mich agil, lebendig und fühlt sich verdammt gut an!
Johannes über das Laufen: Es macht mich agil, lebendig und fühlt sich verdammt gut an!

Ideale Gerade: Seit 2013 läufst Du zunehmend ambitionierter. Wie sieht Dein aktuelles Lauftraining im Vergleich zu früher aus? Was genau hast Du verändert?

Johannes: Heute trainiere ich nach der Philosophie Qualität statt Quantität. Das war nicht immer so. Früher stand die Quantität vor der Qualität. Ich bin jährlich mehr als 3.000 Kilometer gerannt und habe stur immer die selben Einheiten durchgeprügelt. Damit kommt man dann nicht weit, denn "viel hilft eben nicht viel!". Also habe ich begonnen mich intensiv mit Trainingslehre zu beschäftigen und habe 2015 zusätzlich noch die Fachtrainerausbildung für Ausdauersport an der Academy of Sports gemacht, um mit Expertenwissen mich selbst und auch andere trainieren zu können. Ich habe nun viel Variation durch verschiedene Methoden in mein Training gebracht. GA1-GA2-Ausdauerläufe, hochintensive Intervalle, Tempodauerläufe, Fahrtenspiel, Regenerations- und Kompensationsläufe, uvm. bestimmen mein Training. Und natürlich immer genügend Regeneration!

Ideale Gerade: Deine 10 Kilometer-Bestzeit liegt aktuell bei 38:15 Minuten. Viele fragen sich bestimmt: Wie wird man so schnell?

Johannes: Haha :D Danke, jetzt fühle ich mich wie Arne Gabius, nur dass der 10 Minuten schneller läuft. Nein, ganz ehrlich, Bestzeiten unter 40 Minuten auf 10 Kilometer zu toppen ist mühsam und braucht vor allem eines: Geduld, Training und Disziplin. Man muss sich sukzessive jede Sekunde erkämpfen und Teilziele erarbeiten. Das funktioniert vor allem gut mit Intervallen auf der Bahn. Zum Beispiel 7 x 1.000 Meter an der Leistungsgrenze und dazwischen jeweils eine Runde (400 Meter) Trabphasen einbauen. Mit der Zeit werden die 1.000 Meter-Intervalle immer einfacher und man kann Trabphase für Trabphase weglassen, sodass man irgendwann nur noch wenige und zuletzt gar keine Trabphasen im Intervall hat. Somit wird das Intervalltraining zur Maximaltempoeinheit. Dann gut ausgeruht an den 10 Kilometer-Start gehen und das Ding durchrennen. Aber Vorsicht: Die Bahn ist eine trügerische Laufstrecke. Durch den dynamisch-federnden und absolut flachen Untergrund sowie die weitgezogenen Kurven unterscheidet sich die Bahn stark von der Straße oder dem Waldboden, so dass man das Bahntraining nicht 1 zu 1 auf die Straße umsetzen kann. Also gilt hier die Variation - ein Wechsel aus Bahn-, Straßen- und Waldläufen.

Johannes ist einige Jahre intensiv Rennrad gefahren.
Johannes ist einige Jahre intensiv Rennrad gefahren.

Ideale Gerade: Aktuell bereitest Du Dich auf Deinen ersten Triathlon vor. Wie sieht Dein Training dafür aus?

Johannes: Zunächst mal braucht man wesentlich mehr Zeit und eine gute Einteilung der Kräfte, denn alle Disziplinen fordern deinen Körper zu 100 Prozent. Da ich zwei Kinder habe und selbständig bin, ist die Herausforderung nicht minder groß. Aktuell versuche ich mehr als zwei Schwimm-, zwei Rad- und zwei Laufeinheiten pro Woche zu absolvieren. Laufen fällt mir dabei sehr einfach. Ebenso das Radfahren, da ich vor meinem Läufer-Dasein einige Jahre intensiv Rennrad gefahren bin. Das Schwimmen benötigt die meiste Aufmerksamkeit. Da ist die Technik das A und O und die muss erstmal erlernt werden. Umso näher der Wettkampf rückt, desto häufiger absolviere ich Koppeleinheiten. Also Schwimmen-Radfahren oder Radfahren-Laufen in einer Trainingseinheit. Das trainiert die muskuläre Umstellung der Disziplinen und übt den Vorgang in der Wechselzone.

Ideale Gerade: Wie trainierst Du generell bei Hitze? Hast Du ein paar Tipps in puncto Trinken und Essen bei hohen Temperaturen?

Johannes: Generell versuche ich es zu vermeiden bei Mittagshitze zu trainieren und lege im Sommer gerne die Einheiten in die Morgen- oder Abendstunden. Trinken spielt dabei die entscheidende Rolle. Ab Strecken über 15 Kilometer habe ich stets meinen Trinkrucksack dabei oder meine Frau begleitet mich mit dem Rad. Das ist perfekt. Mit ein bisschen Übung kann man das hohe Tempo während des Trinkens aufrecht halten. Meine Regel: Alle 5 Kilometer ausreichend trinken. Das Essen muss jeder für sich selbst ausprobieren, was gut klappt und vertragen wird. Ich vertrage z.B. nicht jedes Gel und verzichte daher meist komplett auf Nahrung während der Einheit.

Ideale Gerade: Du liebst es zu kämpfen und Dich selbst zu besiegen, sagst Du! Woher kommt diese Motivation? Was genau gibt Dir das Laufen?

Johannes: Puh, das ist schwer zu erklären. Ich glaube, dass ist generell auf die Lebenseinstellung und den Charakter zurückzuführen. Man bekommt eben nichts geschenkt im Leben. Meine Eltern haben mir von Kindesbeinen an gelehrt, hart für Erfolge zu arbeiten und zu kämpfen. Es steckt also einfach in mir drin. Auch meine Eltern sind selbständig und Ausdauersportler. Ich glaube da gibt es eine tiefere Verbindung. Es gibt Studien, die beweisen, dass Sportler im Berufsleben erfolgreicher sind. Das ist einfach eine Charaktereigenschaft. Es gibt Menschen, die sich in jede Sache mit 100 Prozent Kampfgeist und Wille reinknien. Ganz nach dem Motto: Ganz, oder gar nicht. Wenn man dann noch mit Erfolgen belohnt wird, kommt die Motivation von ganz alleine. Das Laufen gibt mir die Möglichkeit Stress abzubauen, dem Alltag zu flüchten und körperliche Grenzen zu erleben. Es macht mich agil, lebendig und fühlt sich verdammt gut an!

Ideale Gerade: Welche Träume hast Du, die Du durch das Laufen realisieren möchtest?

Johannes: Durch meine Trainerausbidung, meine Erfahrung und den Beruf meiner Frau (Ernährungsberaterin, spezialisiert auf Sporternährung) haben wir bereits die Grundsteine unseres größten Traums gelegt: Gemeinsam möchten wir ganzheitliche Trainings- und Ernährungskonzepte entwickeln, vermitteln und begleiten (coachen). Und das am liebsten hauptberuflich. Des Weiteren träume ich davon noch viele Bestzeiten zu toppen und in 30 bis 40 Jahren nach wie vor mit Spaß die Laufschuhe zu schnüren.

Vielen herzlichen Dank für das sehr informative Interview, Johannes! Ich wünsche Dir nun eine rundum gelungene Triathlon-Vorbereitung. Mach weiter so! Ganz stark! :-)