Interview: Läuferin Lara spricht über ihren Weg aus der Magersucht und ihre Ziele...

Hi Lauffreunde! Das Laufen hat Lara ganz besonderen Halt gegeben, um ihre Essstörung zu verarbeiten. Sie sagt: "Ich habe mich von ganz unten, wieder nach oben gekämpft und dabei gelernt, wie toll das eigene Leben ist. Man sollte sein Leben nicht mit Füßen treten, sondern auf sich selbst achten und sich selbst akzeptieren." Das kann ich nur unterschreiben! Im neuesten "Unter Uns-Interview" spricht sie über ihren Weg aus der Magersucht, ihre Laufanfänge und langfristigen Ziele. Viel Spaß beim Lesen!

Bildquelle: Lara
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Ideale Gerade: Hi Lara! Du kommst aus Hamburg. Tolle Stadt! Wie läuft es sich bei Euch im Norden?

Lara: Hi Björn! Bei uns im Norden läuft es sich tatsächlich richtig gut. Es gibt viele unterschiedliche Orte, wo man kleine oder auch große Runden drehen kann!

Ideale Gerade: Du läufst aber nicht erst seit gestern! Schon mit 15 Jahren hast Du angefangen. Wie kam es dazu?

Lara: Ich war schon immer der „sportliche" Typ, habe viele Sportarten ausprobiert - zum Beispiel Leichtathletik, Handball, Hockey, aber irgendwie war nie so richtig die perfekte Sportart dabei, bis mich meine Mutter das erste Mal mit zum Laufen genommen hat. Wir sind eine kleine Runde gelaufen und ab diesem Zeitpunkt kam immer öfter die Lust, mal in die Laufschuhe zu springen.

Ideale Gerade: Mit 16, 17 Jahren bist Du dann jedoch in die Magersucht gerutscht. Was ist damals genau passiert?

Lara: So genau weiß ich das nicht mehr, aber ich glaube es war das typische „alles-kommt-zusammen“ Problem. Viele Kleinigkeiten kamen zusammen und aus einer einfachen Diät wurde dann leider eine Krankheit. In der ersten Phase haben die Komplimente dazu beigetragen, dass man noch mehr wollte, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt ging es automatisch und es war schwierig die Kontrolle zu behalten.

Bildquelle: Lara
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Ideale Gerade: Dein niedrigstes Gewicht - 1.68 m bist du groß - lag bei gerade mal 38 Kilo. Was fühlst Du, wenn Du Dir das jetzt nochmal vor Augen führst?

Lara: Das sind viele gemischte Gefühle. Auf der einen Seite fühle ich mich total schrecklich, wenn ich mir Bilder von damals anschaue und frage mich, warum ich mir und vor allem meiner Familie das angetan habe. Das was ich meiner Familie mit dieser Krankheit angetan habe, ist meiner Meinung nach eine der schlimmsten Sachen, die man jemandem antun kann. Auf der anderen Seite bin ich nun einfach nur unglaublich stolz auf mich selbst. Ich war nie in einer Klinik, sondern habe es alleine - natürlich mit regelmäßiger Therapie - aus dieser Krankheit geschafft und kann mittlerweile mein Leben wieder leben. Obwohl es eine schreckliche Zeit war, lernt man sehr viel über sich und auch über das Leben.

Ideale Gerade: Wie genau bist Du damals aus dieser schwierigen Lage wieder gekommen?

Lara: Es gab eine Therapiestunde, in der meine Therapeutin zu mir meinte, dass sie mich jetzt gern einweisen möchte, weil sie einfach nicht mehr weiter wusste. Es war für mich einfach keine Option - weg von meiner Mutter, meinem Haustier, meinen Freunden - und an diesem Tag hatte es dann „klick“ gemacht. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, als hätte es jeder auf der Straße gehört, aber es war einfach nur in meinem Kopf. Noch an diesem Abend, gab es meine erste Pizza seit zwei Jahren.

Bildquelle: Lara
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Ideale Gerade: Das Laufen gab und gibt Dir ganz besonderen Halt, um Deine Essstörung zu verarbeiten. Inwiefern?

Lara: Um mir die erste Phase des Zunehmens zu erleichtern, baute meine Mutter mir sogenannte „Meilensteine“, d.h. ich durfte ab einem bestimmten Punkt wieder mit dem Laufen anfangen. Diesen Punkt erreichte ich relativ schnell und ich habe festgestellt, dass mir diese Zeit in den Laufschuhen und mit Musik in den Ohren unglaublich gut tat. Für ein paar Minuten war alles um mich herum ausgeblendet und ich konnte beim Laufen mit allem abschließen. Das „Gesund werden“ ist eine echt harte Situation, weil Du mit Dir selbst enorm am kämpfen bist und da können Dir 20 Minuten „Ruhe“ ganz viel bringen. Das Laufen hat mich sozusagen aufgefangen und mir Halt gegeben.

Ideale Gerade: Sechs Jahre sind seitdem vergangen. Bist Du weiterhin anfällig?

Lara: Gesund bin ich auf jeden Fall wieder! Ich kann mein Leben in vollen Zügen genießen und erlaube mir auch hin und wieder mal ein ganzes Ben&Jerry’s Eis am Abend. Die Krankheit wird trotzdem niemals komplett verschwinden, da es immer Tage gibt, an denen ich merke, wie unzufrieden ich mit meinem Körper bin. Ich finde immer wieder irgendwelche Stellen, die ich nicht toll finde und gerne etwas daran ändern würde, aber ich mache mir in solchen Situationen direkt wieder bewusst, wie man sein Leben zerstört, wenn man immer nur damit beschäftigt ist, einem perfekten Körper nachzustreben.

Bildquelle: Lara
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Ideale Gerade: Wie ernährst Du Dich jetzt?

Lara: Das darf man eigentlich gar nicht erzählen. :D Ich ernähre mich tatsächlich so, wie ich es möchte. Ich esse das, worauf ich Lust habe, aber ich achte immer darauf, dass ich es nicht übertreibe.

Ideale Gerade: Was genau bedeutet Dir das Laufen heute?

Lara: Das Laufen bedeutet mir mittlerweile sehr viel. Es ist für mich nicht nur Sport, sondern ist für mich ein guter Ausgleich zum Alltag. Ich kann mich beim Laufen einfach auf mich selbst konzentrieren, mittlerweile laufe ich auch ohne Musik, weil das viel angenehmer ist. Da ich aber immer mehr laufe, ist es für mich zusätzlich ein Ansporn auch mal etwas zu erreichen, z.B. auf ein Treppchen zu kommen.

Ideale Gerade: Aktuell bereitest Du Dich auf einen Halbmarathon vor, die Marathonvorbereitung hast Du ebenfalls gestartet. Ist das nicht ein absolut bemerkenswerter Kontrast?

Lara: Meinen ersten Halbmarathon bin ich ja bereits gelaufen, dies war aber eher ein „Reinschnuppern“ und da mir dieser Wettkampf so viel Spaß gemacht hat, habe ich mich gemeinsam mit meinem Papa bei einem weiteren Halbmarathon angemeldet. Ich hoffe, dass ich es diesmal unter 2h schaffe und auch mit der passenden Geschwindigkeit loslaufe. Auf den Marathon freue ich mich wirklich sehr und da ich einen Trainingsplan von meinem Bruder bekomme, habe ich auch keine Angst, es nicht zu schaffen.

Bildquelle: Lara
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Ideale Gerade: Du kannst wirklich stolz auf Dich sein. Bist Du es selbst auch?

Lara: Ja, ich bin sogar sehr stolz auf mich. Ich habe in einer Situation, in der wahrscheinlich viele einfach aufgegeben hätten, nicht aufgegeben. Ich habe mich von ganz unten, wieder nach oben gekämpft und dabei gelernt, wie toll das eigene Leben ist. Man sollte sein Leben nicht mit Füßen treten, sondern auf sich selbst achten und sich selbst akzeptieren.

Ideale Gerade: Toll gesagt! Welche Laufziele hast Du langfristig gesehen?

Lara: Mein wohl größtes langfristiges Laufziel ist kein reines Laufziel, sondern geht in den Triathlon-Bereich. Ich möchte nämlich in den nächsten 3 bis 4 Jahren am Ironman teilnehmen und diesen hoffentlich in einer guten Zeit finishen.

Lara's Instagram-Profil ist hier zu finden: https://www.instagram.com/lara.running

An dieser Stelle möchte ich mich nochmal ganz herzlich für dieses besondere Interview und Deine Zeit bedanken, Lara! Für die Zukunft wünsche ich Dir alles Gute, weiterhin viel Kraft und vor allem Erfolg.